Scheitern, lernen und wachsen

Aus der Serie Erfolgsgeschichten: Daniel Heitz lebt seinen Traum als digitaler Nomade und erfolgreicher Unternehmer

Erfolgsgeschichte Daniel Heitz

Erfolgsgeschichten (Teil 7): Daniel Heitz lebt seinen Traum als digitaler Nomade und erfolgreicher Unternehmer

Digitale Nomaden gibt es heutzutage viele. Doch es gibt da einen, der aus der Masse hervorsticht: Daniel Heitz. Der 39-Jährige hat das digitale Nomadentum für sich entdeckt, als es noch alles andere als ein Trend war, die Leidenschaft Reisen mit der Arbeit zu verknüpfen. Seit knapp zehn Jahren tingelt der Grafik-Designer durch die Welt. Nach 65 bereisten Ländern hat er aufgehört, diese zu zählen. Derzeit lebt er in seiner Home-Base in Bulgarien, genauer gesagt in Bansko, “dem Ort für retired nomads”, wie ihn Daniel Heitz lachend beschreibt. Dort hält es ihn nun schon länger. Ein guter Ort, um regelmäßig seiner Heimat Deutschland einen Besuch abzustatten. Da liegen schließlich die Wurzeln der Erfolgsgeschichte von Daniel Heitz.

Hört man Daniel Heitz zu, erweckt es den Eindruck, als sei er in vieles in seinem Leben einfach so hineingeschlittert: ins digitale Nomadentum gleichermaßen wie in die zahlreichen Projekte, von denen bisher drei in erfolgreiche Firmengründungen mündeten. Neugier und das Interesse an vielerlei Themen bilden den Motor des Schaffens von Daniel Heitz. Und dieser wird nicht durch Versagensangst oder mögliche Risiken gebremst. Ganz im Gegenteil!  “Es sind ja die gescheiterten Projekte, an denen man wächst und von denen man was lernt”, findet der Unternehmer. Als Grafik-Designer ist er früh in das Freiberufler-Dasein hineingerutscht. Schon im Alter von 19 Jahren hat Daniel Heitz Rechnungen an seine Auftraggeber geschrieben. Nur kurz war er mal in einem Angestelltenverhältnis beschäftigt. “Da habe ich schnell gemerkt: Anstellung ist nicht das Richtige für mich – einfach wegen der fehlenden Freiheit, die ich eigentlich gewohnt war”, gibt er im Gespräch zu verstehen.

“Die Agentur ist eine Brutstätte für neue kreative Ideen”

Dass Daniel Heitz 2009 plötzlich Gründer und Unternehmer wurde, hat er der Familiensituation zu verdanken. Zusammen mit seinem Bruder Claudius, dessen Steckenpferd Informatik ist, hatte er bereits ein Kundenprojekt gemeinsam realisiert, als der Groschen fiel: Warum denn nicht zusammen eine Digital-Agentur gründen? Der Grundstein für die Agentur “gebrüderheitz” in Freiburg war gelegt. Und diese wurde für Daniel Heitz schnell eine Herzensangelegenheit. “Eine zeitlang habe ich tatsächlich auch in der Agentur gewohnt”, gibt er zu und fährt fort: “Für mich war die Agentur immer eine Art Brutstätte für neue kreative Ideen und Projekte, die entstanden sind.” 

Sich in all den verschiedenen Kundenprojekten auszutoben, sich parallel noch in privaten Projekten zu versuchen und dabei verschiedene Rollen ausfüllen zu können, ist das, was Daniel Heitz reizt. Aus einem dieser Projekte wuchs schließlich auch das nächste Unternehmen: BackHub, ein Datensicherungsservice für GitHub, das die Brüder 2021 erfolgreich verkauft haben. “Wir sind damit lange nicht gewachsen”, gibt Daniel Heitz zu und erinnert sich, als sich alles änderte, als GitHub von Microsoft gekauft wurde. Damit kam auch BackHub ins Rollen. “Wir sind auf der Erfolgswelle mitgeritten, konnten jedoch nicht vorhersehen, wann diese kommen würde”, erklärt er und rät allen Gründern dazu, sich nicht zu sehr auf den Erfolg einer neuen Sache zu fokussieren. Manchmal sei der richtige Zeitpunkt noch nicht gekommen oder es dauere einfach etwas länger. “Mit dem Gründen ist es, wie wenn man einen Garten anlegt. Da kann man das Gras auch nicht zwingen, schneller zu wachsen. Hätten wir BackHub anfangs in Vollzeit gemacht, wären wir wohl kläglich gescheitert”, vergleicht der erfahrene Gründer, der mit seinem Bruder neben diesen beiden Firmen noch ein heute rund 20-köpfiges Softwareunternehmen mitgegründet hat, das sich auf die Planung von Chemotherapien spezialisiert hat.

Mit dem Laptop auf nach Thailand

“Manche Dinge passieren einfach” – das mag auf das Leben von Daniel Heitz zutreffen. Sein Weg zum digitalen Nomaden verlief ähnlich unvorhersehbar wie seine erfolgreichen Start-up-Gründungen. Das Reisen war schon immer sein Hobby. Teil seiner Arbeit wurde es erst, als er sein Interaction-Design-Studium in Zürich abbrach, für das er sich nach einigen Jahren der Selbstständigkeit beworben hatte. “Das war mir einfach zu verschult und ging mir zu langsam”, nennt der 39-Jährige seine Beweggründe. Weg von Zürich, aber wohin nun? Zurück nach Freiburg oder gar nach Mannheim, wo die Agentur heute einen zweiten Sitz hat? Weder noch. Es ging mit dem Laptop nach Thailand. 

Inspiriert vom Gründer der Nomad List, dessen Blog-Beiträge Daniel Heitz aufsaugte wie ein Schwamm, begann sein Leben als digitaler Nomade zu einer Zeit, in der das digitale Nomadentum noch einem reinen Abenteuer glich. Drei Monate verbrachte er von nun irgendwo im Ausland, die nächsten drei Monate wieder zu Hause in Deutschland, wo der Weltenbummler irgendwann seine Wohnung aufgab. Dank Laptop und World Wide Web war es ein Leichtes, von überall zu arbeiten. Doch irgendwann wurde selbst Daniel Heitz das Reisen zu viel: “Ständig unterwegs zu sein und keine Basis mehr zu haben, hat mich auf Dauer genervt.” Andere wären vielleicht zurück nach Hause gegangen. Der Grafik-Designer hat stattdessen ein neues Projekt ins Leben gerufen, das er mit einer digitalen Nomadin aus Russland sowie einer dort ansässigen Event Managerin organisierte: den Nomad Train. 

Der Nomad Train nimmt Fahrt aufNomad Train

An seine Premiere mit der Transsibirischen Eisenbahn kann sich Daniel Heitz noch gut erinnern: 2008 reiste er für ein Projekt nach Kasachstan. Das Ziel: eine Webseite für eine NGO erstellen. Die Fahrt mit der Transsibirischen hat ihn geprägt und legte die Basis für den Nomad Train: eine Art Zug-Kreuzfahrt für digitale Nomaden, für die ein eigener Waggon angemietet wurde. Während der Fahrt gab es im Zug unzählige Workshops, Gespräche und Knowledge Sharing. Sobald die Bahn in den großen Städten Stops einlegte, bezogen die digitalen Nomaden dort Co-Working-Spaces, um sich ihrer Arbeit zu widmen. “Es war klasse! Daraus sind viele tolle Kontakt entstanden”, berichtet Daniel Heitz, der mehrere Reisen begleitete, bis sie erst durch die Corona-Pandemie und später durch den Russland-Ukraine-Konflikt nicht mehr möglich waren. Auf einer dieser Reisen lernte er auch einen Bulgaren kennen, der ihn schließlich nach Bansko führte, eine Hochburg für digitale Nomaden. Heute das Zuhause von Daniel Heitz. Von dort geht er seinen Geschäften als Geschäftsführer der gebrüderheitz nach. Von dort plant und realisiert er auch weitere Projekte, denen sich der 39-Jährige in Zukunft widmen möchte.

Bald geht das Reisen für Daniel Heitz nämlich weiter. Mit seinem anderen Bruder hat er vor einiger Zeit ein Projekt gestartet, bei dem die beiden ihre Reiseleidenschaft ausleben können. “Wir waren viel zusammen unterwegs und haben uns an fremden Orten gegenseitig Herausforderungen auferlegt und auf diese Weise Städte spielerisch erkundet”, berichtet Daniel Heitz. Und so kam wieder eins zum anderen: “Wir haben gedacht, dass es ganz cool wäre, so etwas als App zu entwickeln.” Damit haben es die beiden zu Start-up Chile geschafft, einem Accelerator-Programm für Start-ups. Durch die Corona-Pandemie ist dieses Projekt, das in Berlin schon gut läuft, ein bisschen in den Hintergrund gerückt. Doch jetzt soll es mehr forciert werden. “Da will ich in den nächsten Monaten durch die Städte touren und in Europa weitere Städte für das Produkt erschließen”, teilt Daniel Heitz seine Zukunftspläne mit.

Transformation der Digital-Agentur

Parallel steht auch die Transformation der Agentur auf der To-do-Liste des digitalen Nomaden. Hier sind die gebrüderheitz vielen Unternehmen eine Wellenlänge voraus. Remote-Arbeit gab es schon lange Zeit vor der Pandemie. Inzwischen gibt es eine Art der Selbstführung bei 100-prozentiger Transparenz. Jede:r darf in der Agentur alle Entscheidungen treffen. Selbst die Gehälter werden von den Mitarbeiter:innen selbst bestimmt. Jetzt geht es noch einen Evolutionsschritt weiter. “Eine Schwäche, die es bislang gab, war, dass die Mitarbeiter:innen die maximale Freiheit hatten, aber nicht so richtig mit dem Risiko in Verbindung standen. Aber in meinen Augen müssen Freiheit und Risiko verbunden sein, damit man den Effekt seiner Handlungen spürt”, erläutert Daniel Heitz. Und so wurde das zehnköpfige Agentur-Team nun in drei selbstständige Teams aufgeteilt, mit jeweils eigenen Umsätzen, eigenem Konto, von dem auch der jeweilige Lohn gezahlt wird, und so weiter. “Ein bisschen wie drei Unternehmen innerhalb von einem Unternehmen”, beschreibt der Geschäftsführer und ergänzt, “so können die Mitarbeiter:innen fast wie Selbstständige arbeiten, ohne sich um so Sachen wie Vertrieb, Rechtsgrundlagen oder Steuern kümmern zu müssen.”

Wie gut es sich mit Risiko leben lässt, dafür ist Daniel Heitz das beste Beispiel. Sein ganzes Berufsleben bestimmten bislang Flexibilität und Agilität. Sich neuen Gegebenheiten stellen, Scheitern in Kauf nehmen, daran wachsen, neue Ideen verwirklichen – es ist wie ein Kreislauf im Leben des Unternehmers. Als langjähriger Freiberufler hat er weder ein konstantes Gehalt noch regelmäßige Abläufe kennengelernt. War in seinem Leben gerade genug Geld da, um eine kleine Pause einzulegen, verwirklichte er eigene Projekte, bei denen er nicht drauf angewiesen war, sofort mit Geld zu verdienen. Mit langem Atem kam bei manchen der Erfolg, bei anderen blieb er auch aus. “Learn to fail” – dieses Motto lebt der Pionier. Denn auch, wenn sich die Geschichte von Daniel Heitz wie eine Erfolgsgeschichte liest, so gab es dabei immer auch gescheiterte Projekte. “Ich habe schon sehr viele Sachen ausprobiert und, um keinen falschen Eindruck zu erwecken: Bei keinem gab es einen Overnight Success. So etwas gibt es nicht. Im Prinzip ist es immer so, dass einem erfolgreichen Projekt vier oder fünf andere gegenüberstehen, die nicht geklappt haben”, malt Daniel Heitz ein realistisches Bild.

Zukunft als Mentor? Warum nicht!

Nomad TrainWie er sich die Zukunft ausmalt, kann er gar nicht richtig beantworten. Das ein oder andere Unternehmen noch zu gründen und zu verkaufen, kann sich der digitale Nomade durchaus vorstellen. “Das ist ein bisschen wie ein neuer Job. Kündigen und einen neuen Job antreten fühlt sich manchmal wie ein neues Leben an. So ist das bei Firmen auch. Wenn man sie verkauft, ist es danach wieder ein ganz anderes Leben”, vergleicht er. Wird er dabei digitaler Nomade bleiben? Daniel Heitz weiß es nicht. Das Reisen werde weniger, bewusster, langsamer. Viel häufiger schlüpft er als erfahrener digitaler Nomade inzwischen in eine Mentorenrolle. “Als älter werdender Unternehmer ist das wohl ähnlich. Da macht es Spaß, seine Erfahrungen mit jüngeren Menschen zu teilen und diese zu fördern. So etwas kann ich mir gut vorstellen.” An Ruhestand wagt Daniel Heitz gar nicht zu denken: “Sachen, die mir Spaß machen, kann ich mir gut vorstellen, bis zum Lebensende zu machen. Da sehe ich kein Alterslimit”, erläutert er. Ob er dann noch in Bulgarien sein wird? “Wohl eher nicht”, denkt er. Denn als digitaler Nomade weiß man nie, wohin die nächste Reise führt.


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