Teilhabe von Menschen mit Trisomie 21 am Berufsleben
Collette ist leidenschaftliche Bäckerin. Ihr Hobby hat die US-Amerikanerin 2016 zum Beruf gemacht: Ihre Cookies, die sie mit unterschiedlichen Zutaten herstellt, sind inzwischen in den ganzen Staaten unter dem Namen Collettey’s Cookies erhältlich. Inzwischen backt Collette nicht mehr allein. Die Gründerin hat ein 15-köpfiges Team um sich geschart und geht in ihrem Business auf. Ein Werdegang, der nicht außergewöhnlich klingt und den dennoch keiner für möglich gehalten hat. Denn Colette hat das Down-Syndrom, auch als Trisomie 21 bekannt. Nach ihrem College-Abschluss fand die junge Frau keine Anstellung. Sie erhielt eine Job-Absage nach der nächsten. Also gründete sie ihr eigenes integratives Unternehmen – mit Erfolg. Das Beispiel zeigt: Karriere ist auch mit Down-Syndrom möglich, wenn auch nicht selbstverständlich.
Einmal im Jahr, am Welt-Down-Syndrom-Tag am 21. März, rücken Menschen mit Down-Syndrom in den Fokus der Gesellschaft. In Deutschland sind zwischen 30.000 und 50.000 Menschen davon betroffen. Etwa 1.200 Babys werden jährlich in Deutschland mit Trisomie 21 geboren. Menschen mit Down-Syndrom haben das 21. Chromosom im Körper nicht nur zweimal, sondern dreifach, daher der Name Trisomie 21.
Handicap: Arbeitsmarkt
In der freien Wirtschaft sind Menschen mit Down-Syndrom nur selten beschäftigt – obwohl die meisten von ihnen berufstätig sind. Sie finden ihre Anstellungen eher in Behindertenwerkstätten. Dabei zeigt das Beispiel von Collette: Viele Menschen mit Trisomie 21 wollen und können arbeiten, träumen von einer Karriere, bekommen aber jenseits von integrativen Einrichtungen nicht immer eine faire Chance. Besser steht es für Betroffene, wenn sie Regelschulen und keine Förderschulen besucht haben. Eine Garantie auf eine Anstellung ist jedoch selbst das nicht, wie anhand von Collette deutlich wird. Dabei erhalten Arbeitgeber finanzielle Zuschüsse, wenn sie Menschen mit Handicap einstellen.
So bleiben Menschen mit Trisomie 21 oft hinter ihren Chancen zurück. Sie werden in eine Schublade gesteckt und selbst im Erwachsenenalter oft wie Kleinkinder behandelt. Eine frühzeitige Förderung von Kindern mit dem Down-Syndrom ist immens wichtig. Das weiß auch Pablo Pineda. Der Spanier gehört zu den an einer Hand abzählbaren Menschen weltweit, die einen Uni-Abschluss gemacht haben – mit Down-Syndrom. Ihm wurde die Diagnose erst im Alter von sechs Jahren gestellt. Da hatten ihm seine Eltern bereits das Lesen beigebracht und mussten die Kinderbücher regelrecht vor ihm verstecken. Heute arbeitet Pablo Pineda als Lehrer. Ein Beispiel, das erneut zeigt, dass Menschen mit Trisomie 21 Karriere machen können.
Branchen, in denen Menschen mit Down-Syndrom häufig arbeiten
Nicht jede:r ist gleich. Im Durchschnitt erreichen Menschen mit Down-Syndrom einen IQ von 57 Punkten. Manche liegen deutlich darunter. Es gibt aber auch andere, die 100 Punkte erreichen, was dem Bevölkerungsdurchschnitt der Allgemeinheit entspricht. Damit können nicht nur einfache, sondern auch komplexere Aufgaben gelöst werden. Und dennoch sind Werdegänge wie die von Collette oder Pablo Pineda die Ausnahme, nicht die Regel. Doch die Möglichkeiten, mit Handicap im Beruf Fuß zu fassen, werden dank gesellschaftlichem Wandel größer – wenn auch nur langsam. So sind Menschen mit Down-Syndrom heute verstärkt tätig in:
- Gastronomie
- Krankenhaus
- Altenheim
- Lager
- Verkauf
- künstlerischen oder kunsthandwerklichen Bereichen.
Warum Inklusion in der freien Wirtschaft so schwer fällt
Wird inzwischen in Kindergärten und Schulen Inklusion gepredigt, so sieht es trotz Unterstützung für Betroffene und Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt damit noch nicht so gut aus. Das liegt weniger daran, dass Unternehmen keine passenden Aufgaben bereitstellen können, sondern eher daran, dass das Arbeitsumfeld nicht so recht weiß, wie es mit Down-Syndrom-Betroffenen umgehen soll. Deren Bedürfnis, andere einfach so zu umarmen, kennen die meisten von uns. Doch es gibt noch weitere Verhaltensweisen, die – wie auch bei Autisten – häufig auftreten:
- Aversion gegenüber Veränderungen
- Vorliebe für Routinen und immer gleiche Abläufe
- Führen von Selbstgesprächen
- plötzliche und heftige Gefühlsausbrüche
- pedantische Ordentlichkeit.
Welche Jobs eignen sich für Menschen mit Down-Syndrom?
Pauschale Empfehlungen sind schwer, weil Menschen mit Trisomie 21 genauso heterogen sind wie Menschen ohne. Manche machen gerne Sport, andere zocken gerne am Computer, wieder andere sind künstlerisch begabt. Wichtig zu wissen ist, dass ihre Informationsverarbeitung anders stattfindet als bei Menschen ohne dieses Handicap. Das erfordert mitunter etwas mehr Zeit, aber auch Geduld. Die Beispiele von Colette und Pablo Pineda zeigen, dass vieles jedoch möglich ist: Schüler:innen zu unterrichten gleichermaßen wie Mitarbeiter:innen zu führen und sich sein eigenes Business aufzubauen. Geeignet sind vor allem Jobs mit Aufgaben, bei denen unter anderem:
- Routine herrscht
- es nicht auf Tempo ankommt
- Sprache eine nebensächliche Rolle spielt
- Kreativität ausgelebt werden kann.
Karriere mit Down-Syndrom ist möglich – wenn man nicht nach den Schwächen der Menschen sucht, sondern sie in ihren Stärken fördert. Wenn sie ihre Talente und Interessen ausleben können, ohne permanent mit ihrer Andersartigkeit konfrontiert zu werden. Wenn sie so wie Collette und Pablo Pineda als Beispiel vorangehen und zeigen, dass sie es geschafft haben – allen Zweiflern und Kritikerinnen zum Trotz.