Duzen oder Siezen am Arbeitsplatz

Siezen Sie noch oder duzen Sie schon? Am Arbeitsplatz gestaltet sich das häufig als schwierig. Die nötige Distanz durch ein Sie beibehalten oder das Zusammengehörigkeitsgefühl durch ein Du stärken? Wir zeigen Ihnen die Vor- und Nachteile beider Ansprachen auf.

Duzen oder Siezen am Arbeitsplatz

Die passende Ansprache von Kolleg:innen und Vorgesetzten im Unternehmen 

Siezen Sie noch oder duzen Sie schon? In kaum einem anderen Land tut man es sich mit der Ansprache anderer Menschen so schwer wie in Deutschland. Im Privatleben mag es uns leichter fallen, die passende Ansprache zu wählen. Am Arbeitsplatz gestaltet sich das häufig schwieriger. Die nötige Distanz durch ein Sie beibehalten oder das Zusammengehörigkeitsgefühl durch ein Du stärken? Wer sich diese Frage stellt, erfährt in den nächsten Zeilen, was bei der Wahl der Ansprache zu beachten ist und welche Vor- und Nachteile man abwägen sollte.

Es gibt Unternehmen und Branchen, da stellt sich die Frage nach dem Sie oder Du kaum. In jungen oder international agierenden Unternehmen und Start-ups ist das Du Teil der Firmenkultur: Vom Azubi über die Fachkraft bis hin zur Führungskraft sind alle per du. In der Marketing- und IT-Branche kennt man es gar nicht anders. Möge zwar die Duz-Kultur zunehmen, so zählt das respektvolle höfliche Sie in den meisten Unternehmen derzeitallerdings noch zum guten Ton. Bieten sich einzelne Mitarbeitende untereinander das Du an, so geht man hier in der Regel nach Knigge vor.

Du anbieten nach Knigge

Der Knigge-Kodex gibt Benimm- und Verhaltensregeln in verschiedenen Situationen vor. Er enthält auch einen Absatz zum Thema Duzen und Siezen. Im Wesentlichen gilt hier:

  • im privaten Bereich:
    Ladies first: Die Frau bietet dem Mann das Du an.
    Alter bestimmt: Der/Die Ältere bietet dem/der Jüngeren das Du an.
  • am Arbeitsplatz:
    Hier sind Geschlecht und Alter außen vor. Stattdessen gilt: Der Dienstgrad bestimmt. Der oder die hierarchisch Höherstehende bietet dem oder der anderen das Du an. Gibt es zwischen den Hierarchien keinen Unterschied, liegt es an dem oder der Dienstälteren, den ersten Zug zu machen.

Die Vor- und Nachteile des Sies

Sind Sie neu im Unternehmen oder haben Sie erstmals mit jemandem zu tun, können Sie mit einem Sie nichts falsch machen. Das ist hierzulande Standard und alles Weitere ergibt sich meist von selbst. Vermutlich kennt jede:r von uns sogar Menschen, die er/sie gar nicht duzen möchte, sondern die nötige Distanz durch ein Sie bewahren will. Damit sind wir bereits bei den Vor- und Nachteilen einer Ansprache per Sie.

Vorteile: 

  • Ein Sie wirkt am Arbeitsplatz höflicher und respektvoller.
  • Es schafft mehr Diskretion, die vor allem bei schwierigen Gesprächen oder Konflikten von Vorteil ist.
  • Außerdem bewahrt einen das Sie vor negativen Äußerungen unserer Emotionen. Ein “Du Idiot!” ist leichter ausgesprochen als ein “Sie Idiot!”.

Nachteile:

  • Ein Sie schafft Distanz, wirkt häufig etwas steif und altmodisch.
  • Es fördert ein autoritären Verhalten bei Vorgesetzten.
  • Die förmliche Ansprache kann ablehnend wirken.
  • Herrscht im Team eine unterschiedliche Ansprache, kann es den Eindruck erwecken, dass manche Kolleginnen und Kollegen weniger gut miteinander klar kommen.

Die Vor- und Nachteile des Dus

Doch auch ein Du kann tückisch sein. Ist es erst einmal angenommen, gibt es kaum ein Zurück mehr. Besonders kritisch ist das Party-Du: Fließt bei der Betriebsfeier Alkohol, geht es gleich ungehemmter zu und auf einmal ruft der Chef laut in die Runde “Nennt mich doch einfach Günther”. Blöd wird es dann, wenn er am nächsten Tag im Büro wieder auf ein “Herr Anselmann” besteht.

Vorteile:

  • Ein Du schafft automatisch Vertrautheit und erzeugt ein Zusammengehörigkeitsgefühl. 
  • Neue Mitarbeiter werden damit schneller ins Team integriert.
  • Es baut Distanz zwischen den Hierarchien ab.
  • Ein partnerschaftliches Arbeitsklima kann zu besseren Resultaten führen.
  • Die Firmenkultur wirkt dadurch offener und moderner.

Nachteile:

  • Ein Du suggeriert zwar eine Vertrautheit – sie wird jedoch nicht immer gelebt und kann ausgenutzt werden.
  • Es kann einen respektvollen Umgang erschweren.
  • Duzen geht mit der Neigung einher, auch private Dinge am Arbeitsplatz zu thematisieren.
  • Es kann zu verbalen Entgleisungen führen.
  • Manche:r mag ein Du als ein Eindringen in seine/ihrePersönlichkeitszone empfinden.

Du oder Sie: Wie wägt man nun ab?

Sie sehen: Sowohl ein Du als auch ein Sie am Arbeitsplatz ist mit Vor- und Nachteilen verbunden. Gehört Duzen nicht zur Firmenkultur eines Unternehmens, sollte man sich bei einem geplanten Wechsel vom Sie zum Du Gedanken darüber machen, wie der oder die andere darauf reagieren wird. Fühlt er oder sie sich dadurch geehrt oder eher persönlich bedrängt? Fühlt sich der oder die andere in seinem oder ihrem Selbstbestimmungsrecht verletzt? Oder hat Ihr Gegenüber nur darauf gewartet?

Denn ja, ein Angebot zum Duzen auszuschlagen, ist für beide Seiten unangenehm. Wer es ablehnt, sollte höflich und sachlich argumentieren, etwa “Danke für dieses nette Angebot. Allerdings trenne ich beruflich und privat stark und möchte daher am Arbeitsplatz bei einem Sie bleiben. Ich bitte um Ihr Verständnis.” 

Und bei dem/der Vorgesetzten?

Kann man damit auch das Duz-Angebot der Führungskraft ausschlagen? Generell schon. Allerdings ist es in hierarchisch geprägten Unternehmen meist eine große Ehre und ein Vertrauensbeweis, wenn der oder die Chef:in einem so ein Angebot unterbreitet. Dieses auszuschlagen, stößt den oder die Vorgesetzte:n vor den Kopf. Deshalb sollten Sie hier das “Du” eher in Erwägung ziehen.

Sie sollten sich jedoch immer bewusst sein: Einmal du, immer du! Ein Duz-Angebot zurückzunehmen und wieder zum Sie überzugehen, ist Fehlanzeige. Ganz egal, wie Sie sich entscheiden, sollten Sie sich klar darüber sein, dass ein Du nicht automatisch mit einem freundlichen Miteinander einhergeht und dass auch bei einem Sie der Umgang durchaus partnerschaftlich sein kann. Der Weg zum Du ist und bleibt allerdings eine Einbahnstraße.

#Autor#

Vanessa Schäfer

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Vanessa arbeitete fast 7 Jahre als Head of Content bei kursfinder.de. Als kreativer Kopf hat sie mit ihrem Redaktionsteam redaktionelle Beiträge und Reports erstellt. Außerdem versorgte sie die Nutzer:innen des Portals mit Lesestoff rund ums Thema Weiterbildung und Berufsalltag durch den kursfinder-Newsletter und war zuständig für die Pressearbeit. (weniger anzeigen)

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Vanessa arbeitete fast 7 Jahre als Head of Content bei kursfinder.de. Als kreativer Kopf hat sie mit ihrem Redaktionsteam redaktionelle Beiträge und Reports erstellt. Außerdem versorgte sie die Nutzer:innen des Portals mit Lesestoff rund ums Thema Weiterbildung und Berufsalltag durch den kursfinder-Newsletter und war zuständig für die Pressearbeit.

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